“ Ich hatte gelesen, von Plato stamme die Idee der sogenannten Anamnesis, nämlich die Idee, dass alles uns Erinnerung sei, dass unser Leben nicht das war, was wir sahen und trieben, sondern, das, was in uns lag und dem wir bestimmt waren, es in Bildern und Gedanken aufsteigen zu lassen und ihm einen Ausdruck zu verleihen.“
Gottfried Benn, Der Glasbläser
AMNESIA ist ein Werkzyklus, der auf die Novelle ‚Der Glasbläser‘ von Gottfried Benn bezug nimmt.
Sämmtliche Skulpturen und Objekte bestehen aus menschlichem Haar – gesiebt, gepresst, geschichtet, gerollt – sie haben ihren Ausdruck gefunden in Reflexion auf die Gedanken und das Sinnieren des Friseur in der Benn’schen Berliner Novelle von 1947.
Im Zentrum der Arbeiten steht die soziale Platik Ha[A]RVEST, die 2019 in Zusammenarbeit mit 120 Münsterländer Frisör*innen und deren Kundschaft entstand.
Ausstellungsansichten AMNESIA | Kloster Bentlage 2020
… „Die Kunden warteten schon, die Herren wollten gepflegter werden, keine Haarbüschel, die hinten über den Kragen standen – die Damen schöner: Graue Strähnen über der Stirn, keine Pigmentierung in der Haut.“…
„Ahnungen, nie Gewissheit.
Wenn man sich damit abfände, dass man nicht satt wird, durstet, dass die Hände nicht keimfrei werden, wenn man sie wäscht, die Stimmungen nicht harmonisch enden, die Träume ohne Verwirklichung versinken, die Liebe sich verwandelt
und die Verwandlung endlos bis ist bis zum Vergessen – wenn man dies lehrte, dies zweite Wärmegesetz des Existentiellen, diese Apologie des Verfalls, diese Universalien der Seele – wenn wir die Häupter beugten, die sinnlos erhobenen -, würde diese Lehre aus der Zerrüttung führen […].?“
Gottfried Benn | Der Glasbläser